Autoritarismus und Antifeminismus
Sozialpsychologische und geschlechterspezifische Perspektiven in Anschluss an Erich Fromm
Der kritische Blick auf Patriarchat und Familie durchzieht das Werk Erich Fromms bereits seit seinen frühen Arbeiten am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Als konstitutives Moment der bürgerlichen Gesellschaft und der ihr entspringenden Charakterstrukturen wurde die patriarchale Geschlechterordnung von Fromm nicht immer systematisch, aber dennoch sehr beständig, in ihrer Bedeutung für sein historisch-materialistisches Weiterdenken der Freud’schen Psychoanalyse hervorgehoben. So lässt sich die von Fromm beschriebene Entstehung des Sozialcharakters durch die habitualisierte Internalisierung gesellschaftlicher Anforderungen als unreflektierte Reproduktion vorherrschender – auch patriarchaler – Gesellschaftsstrukturen verstehen. Nicht nur in seinen frühen Überlegungen zum autoritären Charakter wurde die patriarchale Gestalt von Familie und Subjektkonstitution explizit zum Untersuchungsgegenstand, auch spätere Schriften enthalten Analysen und Konzepte, die den Zusammenhang zwischen vergeschlechtlichter Sozialisation und psychischen Affekt- und Motivationssystemen erhellen.
Angesichts der gegenwärtigen Zuspitzung globaler autoritärer und antifeministischer Dynamiken geht der Workshop der Frage nach, was Fromms historische Überlegungen zur Erklärung aktueller autoritärer Tendenzen beitragen können und sucht den Dialog zwischen den Theorien Erich Fromms und anderen kritischen, feministischen Theorien. Inwiefern bietet sein Werk Ansatzpunkte zum Verständnis der antifeministischen Renaissance der traditionellen, patriarchalen Kleinfamilie, wie sie sich in den autoritären Bewegungen der Gegenwart zeigt? Welche Weiterentwicklungen von Fromms Sozialcharaktertheorie wären vor dem Hintergrund gegenwärtiger empirischer Phänomene und geschlechtertheoretischer Entwicklungen aussichtsreich? Wo liegen mögliche Grenzen einer aktualisierenden und geschlechtertheoretisch informierten Bezugnahme auf Fromms Werk?
Mit Beiträgen von: Niclas O'Donnokoé, Rainer Funk, Jürgen Hardeck, Johanna Niendorf, Barbara Umrath, Newal Yalcin.
Es wird um Anmeldung gebeten unter anmeldung@ifs-frankfurt.de.
In Zusammenarbeit des Instituts für Sozialforschung mit der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft.
Programm
12.00 – 13.30: Zwei 30-Minuten Vorträge mit je 15 Minuten Diskussion
Jürgen Hardeck: Fromm, Frauen, Feminismus
Rainer Funk: Was treibt Menschen, die politisch rechts wählen, an? Erkenntnisse aus dem Spätwerk Erich Fromms
13.30-14.00 Pause
14.30-16.00 Zwei 30-Minuten Vorträge mit je 15 Minuten Diskussion
Niclas O' Donnokoé: Beziehungsweise Gegenrevolution. Dialog zwischen Erich Fromms intersubjektiver Psychologie und relationalen Feminismen im Kontext reaktionärer Geschlechterbilder
Newal Yalcin: Sexualität, Sexualmoral und Autoritarismus - Zu Perspektiven aus der Kritischen Theorie und ihrer Aktualität
16.00-16.30 Pause
16.30-17.15 Zwei 30-Minuten Vorträge mit je 15 Minuten Diskussion
Johanna Niendorf: Angst vor Emanzipation? Zur Verschränkung von Autoritarismus und Antifeminismus mit Blick auf die Leipziger Autoritarismus-Studie