Dialektik der Hure. Eine Buchvorstellung mit Theodora Becker

Die Wahl des Begriffs »Prostitution« oder »Sex-Arbeit« für den Hurenberuf ist heute Ausdruck von einander entgegengesetzten politischen Haltungen, die sich innerhalb der Linken und im Feminismus in heftigem Streit befinden. Was also bedeutet der Wandel von der »Prostitution« zur »Sex-Arbeit«?

Aus bürgerlicher Sicht fand in der Prostitution kein fairer Warentausch statt, sondern ein wechselseitiger Missbrauch: Die Prostituierte nutzte das Begehren des Kunden aus, der Freier missbrauchte die Prostituierte als Objekt seiner Phantasien. Die Prostituierte galt entweder als manipulative Betrügerin oder preisgegebenes Opfer – und dieser doppelte Verdacht scheint auch heute noch nicht völlig ausgeräumt. Die Prostituierte ist, wie Walter Benjamin feststellte, tatsächlich »Verkäuferin und Ware in einem«. Sie bewirbt sich selbst als käufliches Objekt und bleibt dabei zugleich Subjekt. Damit überschreitet sie die Grenzen der Warenform wie sie zugleich als perfekte Verkörperung der Ware erscheint. Wenn dagegen heute von Sexarbeit oder sexuellen Dienstleistungen die Rede ist, dann impliziert das eine gesellschaftliche Veränderung, die sowohl Form und Begriff der Arbeit als auch der Sexualität betrifft. Die Arbeit ergreift immer weitere Register der Persönlichkeit, so dass sich Arbeit insgesamt dem »Selbstverkauf« nähert. Die Sexualmoral ist liberal geworden: Die Entscheidung für oder gegen sexuelle Handlungen liegt in der Verfügungsgewalt des Individuums und Sexualität wird unter der Bedingung des Konsenses nur noch von Fragen der Gesundheit und Hygiene reguliert. Dabei aber erscheint das sexuelle Begehren des Anderen als durchaus bedrohlich und die sexuelle Identität als intimer und schutzbedürftiger Teil des Individuums. Umstritten bleibt, wo Prostitution hier rangiert.

Theodora Becker stellt ihre Monographie »Dialektik der Hure« (Matthes und Seitz) vor und widmet sich den Gründen für den fortwährenden Skandal der käuflichen Sexualität.

Organisiert vom AK Gender, Kinship, Sexuality des IfS

Anschließend Bar-Abend.

Ort: Café KoZ (Studierendenhaus Campus Bockenheim)

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