Neu beginnen. Anti-Politik und Revolution bei Gustav Landauer und Étienne de La Boétie

Dass der Erfolg von Emanzipationsbemühungen nicht schon in der Übernahme der Macht besteht und dass sich Herrschaftsverhältnisse nicht einfach mit Gegengewalt zerschlagen lassen, diese Überzeugung zeichnet eine Linie der Herrschaftskritik aus, die sich von der Neuzeit bis in den sozialistischen Anarchismus, genauer von Étienne de La Boétie bis Gustav Landauer ziehen lässt. Für beide ist klar, dass der revolutionäre Prozess ein Subjekt schafft, das sich aus sich selbst heraus aber auch gegen seine eigene Involvierung in Herrschaft befreien muss. Hierin teilen sie einen utopischen sowie zugleich skeptischen Sinn für die Revolution. Für Landauer wird die Einbeziehung der neuzeitlichen Herrschaftskritik zu einer wichtigen Quelle für die Reflexion der revolutionären Bestrebungen seiner Zeit, wie dessen zentrales Werk Die Revolution (1907) zeigt. Die Transformation der Herrschaft im Sinne einer »freiwilligen Knechtschaft« (La Boétie) wird für ihn zur Herausforderung einer jeden Revolution.

Auf was und gegen wen richtet sich dann aber politische Befreiung? Wie formiert sich das Zusammenleben und auf welche kritischen Ressourcen kann die revolutionäre Gemeinschaft zurückgreifen? Wie kann die Revolution diejenigen Kräfte freisetzen, die bislang die Herrschaft gestützt haben, und wie sich zur eigenen Vergangenheit ins Verhältnis setzen, um einen neuen Anfang zu setzen? Im Workshop werden wir diesen Fragen anhand von La Boéties und Landauers Verständnis der Revolution nachgehen und die verschiedenen Bezüge ihres Denkens diskutieren – auch mit Blick auf eine gegenwärtige Staatskritik und der Revolutionierung der gesellschaftlichen Verhältnisse.

Ein Workshop des Forschungsprojekts »Die Modernität der freiwilligen Knechtschaft«.

 

Referent:innen:

Anatole Lucet lehrt Philosophie in Le Havre und war zuletzt Vertretungsprofessor an der staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Er ist Übersetzer von Landauers Schriften ins Französische. Jüngste Publikation: Communauté et révolution chez Gustav Landauer, Klincksieck 2023.

Libera Pisano ist Assistant Researcher an der Universidade Nova de Lisboa und war Fellow an der Universitat Pompeu Fabra, Barcelona. Sie ist Mitherausgeberin des Sammelbandes Skepsis and Antipolitics. The Alternative of Gustav Landauer, Brill 2022.

Einführung und Moderation: Felix Trautmann (Institut für Sozialforschung).

 

Organisatorisches und Anmeldung

Die Texte, die zur Vorbereitung des Workshops dienen, werden nach Anmeldung versendet. Teilnehmende, die auf der Grundlage ihrer aktuellen Forschung zum Thema des Workshops einen Kurzvortrag oder eine Respondenz halten wollen, können dies bei der Anmeldung mitteilen. Der Workshop findet als Abschluss des durch die Gerda Henkel-Stiftung geförderten Forschungsprojekts „Die Modernität der freiwilligen Knechtschaft“ statt.

Anmeldung bitte unter trautmann@em.uni-frankfurt.de

Organisation: Felix Trautmann (Institut für Sozialforschung)

Eine Onlineteilnahme an der Veranstaltung ist möglich.

 

Ort: Institut für Sozialforschung

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