»Antisemitismus und Demokratiegefährdung«
Pressemitteilung zur Einrichtung des Hessischen Wissensnetzwerks am IfS
Welche Rolle spielt Antisemitismus für Demokratiefeindlichkeit? Und was kann antisemitismuskritische Bildung bewirken? Diese Fragen greift das Hessische Wissensnetzwerk zum Thema »Antisemitismus und Demokratiegefährdung« auf, für das das Institut für Sozialforschung sowie die Goethe-Universität und Justus-Liebig-Universität Gießen nun bis Mitte 2026 vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur (HMWK) gefördert werden.
In der deutschen Gesellschaft nach 1945 war und ist der Post-Shoah-Antisemitismus stark ausgeprägt – obwohl Antisemitismus bis zuletzt als im Alltag scheinbar tabuisiert galt. Doch seit rund 20 Jahren äußert sich Judenfeindschaft nicht mehr nur suggestiv und verschlüsselt, sondern wieder durchaus offen und gewaltvoll. Es zeigt sich, dass eine antisemitische Haltung unter den aktuellen Krisenbedingungen eine starke kollektivierende Kraft entfaltet. Sie kann deshalb nicht allein als zu überwindendes Residuum der NS-Ideologie verstanden werden, sondern spielt insbesondere als antidemokratische Brückenideologie eine entscheidende Rolle. Bei der Entwicklung und politischen Mobilisierung antidemokratischer Einstellungen kommt dem Antisemitismus demnach eine Schlüsselrolle zu.
Das HMWK unterstützt nun im Rahmen des Förderprogramms »Stärkung der Demokratieforschung Hessen« ein Wissensnetzwerk zu »Antisemitismus und Demokratiegefährdung«, das am Institut für Sozialforschung, der Goethe-Universität Frankfurt und der Justus-Liebig-Universität Gießen angesiedelt ist. Während der 12-monatigen Laufzeit des Projekts vom 15. August 2025 bis 14. August 2026 soll ein interdisziplinäres Forschungsnetzwerk an der Schnittstelle von Antisemitismus- und Demokratieforschung aufgebaut werden. Inhaltlich zentral ist die Ergründung der Rolle von Antisemitismus in gegenwärtigen Dynamiken der Demokratiefeindlichkeit. Daran schließen Fragen nach den Konsequenzen für eine antisemitismuskritische und demokratiepolitisch wirksame (Bildungs-)Praxis an. Ziel ist die Etablierung und Verstetigung der Kooperation zwischen den unten genannten Netzwerkbeteiligten.
Sprecher des Forschungsnetzwerks ist Stephan Lessenich, Professor für Gesellschaftstheorie und Sozialforschung an der Goethe-Universität und Direktor des Instituts für Sozialforschung; Co-Sprecherin ist Sophie Schmitt, Professorin am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Weitere wissenschaftliche Expertise erhält das Netzwerk durch Prof. Dr. Ilka Quindeau vom Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt University of Applied Sciences, Prof. Dr. Sybille Steinbacher und PD. Dr. Tobias Freimüller, Fachbereich Geschichtswissenschaften der Goethe-Universität und Fritz Bauer Institut, dem Soziologen Prof. Dr. Ferdinand Sutterlüty, dem evangelischen Theologen und Judaisten Prof. Dr. Christian Wiese sowie dem Professor für Jüdische Geschichte, allesamt von der Goethe-Universität. An der Schnittstelle von antisemitismuskritischer, demokratiepolitischer Forschung und (Bildungs-)Praxis angesiedelt sind die Beteiligten Prof. Dr. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank und Professor für transnationale Soziale Arbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences, Dr. Susanne Urban, Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen an der Philipps-Universität Marburg sowie Prof. Dr. Mirjam Wenzel, Leiterin des Jüdischen Museums Frankfurt und Professorin an der Goethe-Universität.
Frankfurt am Main, der 5. Juni 2025
Bei Rückfragen: Mirko Broll, Referent für Öffentlichkeitsarbeit, Senckenberganlage 26, 60325 Frankfurt am Main, E-Mail broll@em.uni-frankfurt.de