Die Freiheit des Kapitals

Das Dissertationsprojekt stellt die Frage nach der Struktur und den materiellen Bedingungen des sozial dominierenden, liberalen Freiheitsverständnisses. Ausgehend von zeitgenössischen feministischen Kritiken der kapitalistischen Subjektivierung (u.a. Wendy Brown, Melinda Cooper, Nancy Fraser und Silvia Federici) wird der Zusammenhang zwischen der Logik kapitalistischer Produktion und einer Vorstellung von Freiheit untersucht, die den Schein permanenten Wandelns, unbegrenzter Transformationsmöglichkeiten impliziert. Methodologisch schließt die Arbeit dabei an die Analysen der bürgerlichen Gesellschaft bei Hegel und Marx an, die die Genese und innere Logik des liberalen Freiheitsbegriffs untersuchen und daran aufzeigen, dass der liberale Staat die subjektivitätshervorbringenden Prozesse nicht als politische begreifen kann und sich dadurch selbst der Möglichkeit ihrer Gestaltung entzieht. Entgegen diesem Konzept von Freiheit, das sein Modell in dem durch keine äußeren Bedingungen beschränkte Willkürsubjekt findet, wird sich das Dissertationsprojekt im abschließenden Teil Praktiken der Selbstbildung zuwenden, wie sie von Vertreterinnen der proletarischen Bildung und Frauenbewegung (insb. von Alexandra Kollontai, Nadeshda Krupskaja, und Clara Zetkin) entworfen wurden. Geht aus der veränderten Organisation der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion auch eine Veränderung der Handlungs- und Begehrensweisen der Subjekte hervor? Wird hier ein verändertes Konzept des freien Subjekts erkennbar, verstanden als eines, das sich aus Freiheit selbst politische Bestimmungen gibt? Inwieweit weisen die sich hier vollziehenden Subjektivierungsprozesse über die disziplinierenden Praktiken der Subjektwerdung im Kapitalismus hinaus und gründen nicht nur ein anderes disziplinäres System?